Max Slevogt, Rotes Haus an der Landauer Straße, 1910:
Im Jahr 1953 erwarb das Kunstmuseum Gelsenkirchen das Kunstwerk Max Slevogt, Rotes Rathaus an der Landauer Straße, 1910 bei der Galerie Aenne Abels. Bei den Recherchen zu Provenienzen von Werken aus der Galerien Abels ergab sich für das Gemälde eine Provenienzlücke von 1928 bis 1948. Gleichzeitig ging im Februar 2019 eine Anfrage eines Erbens der ursprünglichen Besitzerfamilie ein.
Das Kunstwerk wurde von der jüdischen Unternehmerfamilie Czapski direkt beim Künstler erworben. 1928 war es im Katalog zum 60. Geburtstag Slevogts in der Akademie der Künste Berlin dokumentiert (Akademie der Künste, Max Slevogt: Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Berlin, 1928). Als Besitzerin wurde Eugenie Czaspki genannt. Im Jahr 1948 tauchte das Gemälde wieder im Kunsthandel auf.
Ziel des Forschungsprojektes war es, die Provenienzlücke zwischen 1928 und 1948 zu schließen. Dabei sollte vor allem geklärt werden, ob das Gemälde zum Konvolut jener Werke gehörte, welche die Familie Czapski im Jahr 1935 veräußern musste.
Aufgrund der Aktenlage konnte die Provenienzlücke nicht vollständig geschlossen werden. Die enge Indizienkette lässt jedoch den Schluss zu, dass das Gemälde bereits während der Weltwirtschaftskrise von der Familie Czapski veräußert wurde.
Die kunsthändlerische Tätigkeit der Galerien Hermann und Aenne Abels im Kontext von Erwerbungen für Museen im Rheinland und Ruhrgebiet, 1933-1968:
Die Kölner Galerien der Geschwister Hermann Abels (1892-1956, Kunstsalon Hermann Abels bzw. Gemäldegalerie Abels) und Aenne Abels (1900-1975, Galerie Aenne Abels) waren bis Ende der 1960er Jahre prägend für den rheinischen Kunstmarkt: sie verkauften u. a. im Rheinland, im Ruhrgebiet und in Westfalen an zahlreiche Museen Kunst des 19. Jahrhunderts, des Impressionismus und der Klassischen Moderne. Die Familie Abels konnte auch in der Zeit des Nationalsozialismus ihren Geschäften nachgehen und diese nach 1945 kontinuierlich fortführen. Beide Geschwister waren für den ‚Sonderauftrag Linz‘ tätig.
Das Kunstmuseum Gelsenkirchen und das Museum Folkwang in Essen haben zwischen 1933 und 1968 zahlreiche Werke bei der Kunsthändlerfamilie Abels erworben und schlossen sich daher im Jahr 2017 für ein gemeinsames Forschungsprojekt zusammen, um ihre Bestände mit Provenienz Abels einer fundierten Prüfung auf NS-verfolgungsbedingten Entzug zu unterziehen. Ausgangspunkt der Untersuchung war die Überprüfung einer Gruppe von 37 Werken aus den Sammlungen beider Museen, die sich im Laufe des Projekts auf 43 Exponate erhöhte. Dabei standen sowohl die objektbezogene als auch die kontextbezogene Recherche hinsichtlich der wirtschaftlichen Strukturen und Handelsnetzwerke der Galerien Abels im Fokus. Für das Kunstmuseum Gelsenkirchen konnte für vier Werke ein NS-verfolgungsbedingter Hintergrund ausgeschlossen werden. Für alle weiteren Objekte besteht weiterer Forschungsbedarf, dem sich das Kunstmuseum Gelsenkirchen im Kontext seiner kontinuierlichen Provenienzrecherche widmet.
Ein gemeinsames Forschungsprojekt des Kunstmuseum Gelsenkirchen und des Museum Folkwang Essen